Kulturbezogenes Lernen im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache: Positionen und Perspektiven
Wir freuen uns, Sie/euch zu der kommenden, im Rahmen der Germanistischen Institutspartnerschaft der Universitäten Marburg – Poznań – Nijmegen organisierten, wissenschaftlichen Tagung zum Thema „Kulturbezogenes Lernen im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache: Positionen und Perspektiven“ nach Nijmegen (NL) einzuladen. Die Tagung will eine Plattform für den Austausch aktueller Forschungsergebnisse, innovativer Ansätze für die und aus der Praxis sowie vielfältiger Perspektiven im Bereich des kulturbezogenen Lernens bieten.
Datum: 19. & 20. Juni 2026
Ort: Radboud Universität Nijmegen (NL)
Kulturelles Lernen ist unbestritten wesentlicher Bestandteil eines zeitgenössischen Fremdsprachenunterrichts. Ob und wie dies in der Unterrichtspraxis umgesetzt wird, dürfte jedoch sehr unterschiedlich sein. Die in den letzten Jahrzehnten hierzu theoretisch geführte Debatte stellt den Begriff Landeskunde sowie Kategorien wie Land, Nation oder kulturelle Identität gänzlich in Frage. Gefordert wird ein grundlegender Paradigmenwechsel, d.h. eine Modernisierung bzw. Transformation der „traditionellen Landeskunde“ zu einem „kulturwissenschaftlichen Ansatz“ (vgl. Koreik/Pietzuch 2010) oder einer „diskursiven Landeskunde“ (vgl. Altmayer 2017). Auch werden Bezeichnungen wie Kulturstudien, kulturbezogenes Lernen oder kulturreflexives Lernen (vgl. u.a. Schweiger et al. 2015, Baumann 2018, Badstübner-Kizik 2023) vorgeschlagen. Statt einer faktisch, kommunikativ oder interkulturell ausgerichteten Landeskunde sollen die Prozesse der Deutung, der diskursiven Zuschreibung und des Aushandelns von Bedeutungen im Zentrum des Unterrichts und als Lernziel verankert werden. Entsprechend hinterfragen solche kulturwissenschaftlichen Ansätze die Konstruktion der Dichotomie ‚fremd‘ und ‚eigen‘ (aus dem interkulturellen Ansatz) und somit den Kulturbegriff selbst. Sie plädieren grundsätzlich für eine reflexionsorientierte Vorgehensweise, bei der die vermeintlichen Zielsprachenkulturen nicht nur thematisiert und mit der vermeintlich eigenen Kultur kontrastiert, sondern auch diskutiert werden. Prozesse der Bedeutungszuweisung und -aushandlung sollen zum Aufbau einer Diskurskompetenz beitragen. Dadurch kann kulturbezogenes Lernen im Fremdsprachenunterricht wesentlich zur Entwicklung einer ‚global citizenship‘ beitragen. Diese zweifelsohne anspruchsvollen Ziele dürften weitestgehend in Übereinstimmung stehen mit dem beispielsweise von Schweiger (2021: 359) formulierten übergeordneten Lernziel „Teilhabe“ oder dem Begriff „Partizipation“, der schon von Groenewold (2005: 516) als letztlich anzustrebendes Lernziel des Fremdsprachenunterrichts vorgeschlagen wurde. Mit Schweiger (2021: 359) sei darauf verwiesen, dass die als Lernziel eines kulturellen Lernens anzustrebenden Kompetenzen, wie beispielsweise Teilhabe an verschiedensprachigen Diskursen oder am gesellschaftlichen und politischen Leben einer oder mehrerer Gesellschaften, auf theoretischer Ebene eine Frage des jeweiligen kulturdidaktischen Ansatzes sein dürften. Gleichzeitig spielen aber auch die Unterrichtspraxis bzw. deren Rahmenbedingungen und die in ihr tätigen Akteur:innen, also Lernende und Lehrende, eine entscheidende Rolle, wenn es um die Bestimmung von Lernzielen geht. Koreik und Fornoff (2020: 613) fordern entsprechend, „dass wir uns bei allen theoretischen Überlegungen zu einer stärker kulturwissenschaftlich orientierten Ausrichtung kulturellen Lernens im DaF- und DaZ-Unterricht zumindest in einem zweiten Schritt auch immer zu vergegenwärtigen haben, unter welchen Bedingungen er weltweit umgesetzt werden kann bzw. soll.“ Es stellt sich somit die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit theoretischer Ansätze unter Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen und Rahmenbedingungen des Unterrichts, zu denen u.a. nationale Curricula, Lehrwerke, die Ausbildung von Lehrkräften sowie eine geographische oder sprachliche Nähe zum deutschsprachigen Raum zählen (vgl. Koreik/Fornoff 2020: 612).
Wir freuen uns, dass Prof. Assoc. Dr. Beate Baumann (Universität Catania), Prof. Dr. Camilla Badstübner-Kizik (Universität Poznań) und Assoz. Prof. Mag. Dr. Hannes Schweiger (Universität Wien) ihre Teilnahme als Plenarsprecher:innen bereits zugesagt haben.
Im Rahmen dieser Tagung möchten wir Sie/euch herzlich einladen, Beiträge zu folgenden Themen einzureichen:
- Theoretische Ansätze und Positionen zum kulturbezogenen Lernen: Konzepte, Modelle und Lernziele wie Diskurskompetenz und ‚global citizenship‘ im Kontext von Deutsch als Fremdsprache bzw. als Zweitsprache
- Umsetzbarkeit, Voraussetzungen und Chancen in verschiedenen Kontexten: Länder- und zielgruppenspezifische Rahmenbedingungen, Curricula und Herangehensweisen an Konzepte wie ‚global citizenship‘ im DaF- und DaZ-Unterricht
- Methoden der Erforschung und Evaluation von kulturbezogenen Lernprozessen sowie diesbezügliche empirische Erkenntnisse
- Kulturbezogenes Lernen und erwerbsbezogene Faktoren wie Fremd- oder Zweitsprache, Lehr- und Lernkulturen bzw. Schulkultur
- Kulturdidaktische Konzepte und Ansätze zur Integration in die Lehrpersonenbildung sowie curriculare Verankerungen und mögliche Testung und Bewertung
- Methodische Innovationen im und für den Unterricht und die Lehrpersonenbildung: Fallstudien und empirisch erkundete Praxisberichte
- Kulturreflexives Lernen im Kontext internationaler Bildungskooperation und Potenziale von Begegnungsdidaktik und außerinstitutionellen Lernorten
- Kulturbezogenes Lernen im Zeitalter von KI
Bitte senden Sie/sendet bis spätestens 31.01.2026 ein Abstract von maximal 300 Wörtern (inkl. Literaturhinweise) und mit maximal 3 Literaturangaben an gipnlpld@uni-marburg.de. Eine Benachrichtigung über die Annahme der Beiträge erfolgt bis spätestens 28.02.2026.
Wir freuen uns auf vielfältige und spannende Beiträge, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten und zur Weiterentwicklung des kulturbezogenen Lernens in Theoriebildung und Unterrichtspraxis im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprachebeitragen.
Assoc. Prof. Dr. Sabine Jentges (Radboud Universität Nijmegen)
Prof. Dr. Sylwia Adamczak-Krysztofowicz (Adam-Mickiewicz Universität Poznań)
Prof. Dr. Kathrin Siebold (Philipps-Universität Marburg)
Mit finanzieller Unterstützung der drei beteiligten Universitäten und des

Literaturhinweise:
Altmayer, Claus (2017): Landeskunde im Globalisierungskontext. Wozu noch Kultur im DaF-Unterricht? In: Haase, Peter / Höller, Michaela (Hrsg.): Kulturelles Lernen im DaF/DaZ-Unterricht. Paradigmenwechsel in der Landeskunde. Göttingen: Universitätsverlag, S. 3–22.
Badstübner-Kizik, Camilla (2023): Wohin mit der Landeskunde? In: Dengscherz, Sabine / Schweiger, Hannes / Reitbrecht, Sandra / Sorge, Brigitte (Hrgs.): idt 2022. Band 2: Kulturreflexiv, ästhetisch, diskursiv. Sprachenlernen und die Vielfalt von Teilhabe. Berlin: Erich Schmidt Verlag, S. 31–44.
Baumann, Beate (2018): Sprach- und kulturreflexives Lernen in Deutsch als Fremdsprache. Sprachen lehren – Sprachen lernen. Berlin: Frank & Timme.
Groenewold, Peter (2005): Läßt sich ein Land lernen wie eine Fremdsprache? Überlegungen zu einem – unerlaubten – Vergleich. In: Info DaF 32/6, S. 515–527.
Koreik, Uwe / Pietzuch, Jan-Paul (2010): Entwicklungslinien landeskundlicher Ansätze und Vermittlungskonzepte. In: Krumm, Hans-Jürgen / Fandrych, Christian / Hufeisen, Britta / Riemer, Claudia (Hrsg.): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch. Berlin/New York: de Gruyter, S. 1440–1453.
Koreik, Uwe / Fornoff, Roger (2020): Landeskunde/Kulturstudien und kulturelles Lernen im Fach DaF/DaZ – Eine Bestandsaufnahme und kritische Positionierung. In: ZIF 25/1, S. 563–648.
Schweiger, Hannes / Hägi, Sara / Döll, Marion (2015): Landeskundliche und (kultur)reflexive Konzepte. Impulse für die Praxis. In: Fremdsprache Deutsch 52, S. 3–10.
Schweiger, Hannes (2021): Konzepte der ‚Landeskunde‘ und des kulturellen Lernens. In: Altmayer, Claus / Biebighäuser, Katrin / Haberzettl, Stefanie /Heine, Antje (Hrsg.): Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Grundlagen – Theorie – Didaktik. Stuttgart: J. B. Metzler, S. 358–375.