Neben dem Einsatz von bereits didaktisierten Lehr- und Lernprodukten (Lehrwerke, Übungsgrammatiken etc.) hat die Aufbereitung von authentischen Materialien (Texte, Podcasts, Vodcasts, Abbildungen, Spiele, Filme, Zeitungsartikel, Radiosendungen etc.), die für ganz andere Zwecke verfasst bzw. aufgenommen wurden und dann für das Sprachenlernen eingesetzt werden, eine lange Tradition. Die Lehrpersonen stehen dabei vor der schwierigen Aufgabe, aus der ihnen zur Verfügung stehenden Materialschwemme die geeignetsten Materialien für ihre konkrete Zielgruppe auszuwählen und diese für den Unterricht didaktisch aufzubereiten. Dabei muss der Einsatz des breiten Materialangebotes im jeweiligen länderspezifischen Kontext gesehen und diskutiert werden. Bei einem unkritischen Import von für den globalen Markt produzierten Lehr- und Lernmaterialien können Irritationen und Reibungsverluste entstehen, besonders dort, wo unterschiedliche Lehr- und Lerntraditionen aufeinandertreffen. Gerade im Zuge der stärkeren Internationalisierung der Lehrer*innen-bildung brauchen angehende Lehrkräfte eine kontext- und kulturspezifische Sensibilität dafür, wie die vorhandenen Unterrichtsmaterialien für eine konkrete Lernendengruppe angepasst werden können. Sie sollten ein Bewusstsein für die Darstellung von sprachlichen und kulturellen Phänomenen und ihre methodisch-didaktische Einbettung entwickeln und dazu in der Lage sein, bestehende Lehrwerke kritisch zu prüfen und bei Bedarf durch selbständig und passgenau konzipierte Materialien zu ergänzen. Diese sollten dem neusten Stand der wissenschaftlichen Forschung entsprechen und den oft langwierigen Prozess der Integration aktueller Forschungsergebnisse in bestehende Lehrmaterialien auf dem Markt kompensieren: So sollten angehende Lehrkräfte beispielsweise Erkenntnisse der Mehrsprachigkeitsforschung stärker umsetzen und Ausgangssprachen sowie andere vor Deutsch gelernte Fremdsprachen systematisch in der Materialerstellung berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere den Bereich DaFnE (Deutsch nach Englisch), für den Lehr- und Lernmedien vielfach fehlen und Lehrkräfte konsequent sensibilisiert werden müssen. Ebenso fehlen nach wie vor breit angelegte Lehr- und Lernmedien zur Umsetzung didaktisch-methodischer Konzepte für andere wichtige Zielgruppen. So sind Materialien für fach- und sprachenintegriertes Lernen (u.a. CLIL, sprachsensibler Fachunterricht) nach wie vor nur sehr verstreut oder vereinzelt zugänglich und Sprachförderkonzepte im Fach (Scaffolding) müssen häufig von den Lehrkräften im konkreten Unterrichtssetting konzipiert werden. Alle diese Bereiche betreffend ist die Fortsetzung intensiver Forschung zu digitalen Lehr- und Lernmedien in Zeiten eines sprunghaften Anstiegs der technischen Entwicklung höchst relevant. Besonders durch die Corona-Pandemie bedingt, sind Schulen, Lehrende und Lernende im Bereich IT in letzter Zeit massiv ausgestattet worden: Laufend werden von den unterschiedlichsten Anbietern Lernplattformen, Lernportale, Programme und einzelne Lern- und Übungsangebote entwickelt. Diese müssen aber in Bezug auf ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit, konkrete Sprachfertigkeiten zu unterstützen und Kompetenzen zu entwickeln, systematisch geprüft werden. Hier ist es notwendig, angehenden Lehrkräften belastbare Kriterien an die Hand zu geben, die ihnen helfen, sich in diesem Überangebot sehr unterschiedlicher Qualität kritisch zu orientieren und bei Bedarf selbst kreativ zu werden.